Charaktere: 5 | 1w, 4m

Besetzung: 5 Darsteller | geschlechterspezifische Variationen möglich

Spieldauer: 100

Spielalter: Erwachsene, Jugendliche, Kinder

Publikum: Ab 6

Szenen/Akt: 15

Bilder: 7

Tarif: 2

Mindestgebühr/Auff.: 75,00 EUR

Der nackte Kaiser


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Der nackte Kaiser

Komödie nach Herrand von Wildonie, Juan Manuel & H.C. Andersen.
Für die Bühne von Gerd Knappe

Hört die Geschichte aus alter Zeit: Es war einmal ein Kaiser, der hatte nur seine neuen Kleider im Kopf und vergaß darüber Land und Leute. 

Und es waren einmal eine Frau und ein Mann, die waren ohne Arbeit und bekamen eine Idee: Sie wollten als Weber und Schneiderin dem Kaiser Kleider machen, die es nicht gab, mit der Begründung: Nur der könne die Kleider sehen, der für sein Amt geeignet sei. Also sagte ihm bei Hof, keiner die Wahrheit. Einmal war es.

Das ist lange her. Heute ist alles anders. Aha... 

"
Ein Märchen aus alter Zeit.

Der Bevölkerung steht es bis zum Hals. Sie wird von einem Kaiser regiert, der nur sich, seine Kleider, Klamotten und Kragen im Kopf hat und darüber das Leben und die Sorgen der Menschen im Land vergisst. Seit der Regent auf dem Thron sitzt, beobachtet und beschneidet er die Leute, wo er nur kann. Nur ihm und seiner Entourage, jenen Leuten, die zu seinem engen Umfeld gehören und die seine Gefolgschaft bilden, fehlt es an nichts. In ihrer Not demonstrieren die Leute vor dem Schloss und machen ihrem Ärger Luft. Veräppeln lassen sie sich nicht länger. Manne und Wiebke, zwei von jenen, die von ihrer Hände Arbeit nicht mehr leben können, fassen einen Plan. Sie werden ‚Weber‘ und ‚Schneiderin‘ und bieten dem Monarchen Kleider an, die besondere Eigenschaften haben. Nur derjenige kann sie sehen, der für sein Amt geeignet ist. Die Adaption des weltbekannten Sujets stellt, in Sprache und Szene, mit Spaß am Spiel, Fragen über Macht, Herrschaft und Obrigkeitsglauben, über Wahrheit, Wirklichkeit und soziale Gerechtigkeit.

KAISERLICHT

Auf der Bühne Nacht,
Das Spiel beginnt.
Der Kaiser wühlt im Schrank
Und träumt von neuen Gewändern.

Das Land ist auf den Hund gekommen.
Der Regent jongliert mit Äpfeln umher.
Am Rande des Marktplatzes,
Zwei nicht mehr gebrauchte.

Ihr Tag beginnt mit einer Idee:
Was wäre,
Wenn man sich nicht mehr veräppeln lässt?
Was wäre,
Wenn man tut, was man kann?

Der Kaiser hält sich an seiner Krone fest.
Weber und Schneiderin nehmen ihm Maß.
Der Minister sagt nicht, was er sieht.
Der Beamte bildet sich was ein.
Der Kaiser sieht sich
Und sieht nichts.

Ein Kind sagt, was es sieht.



Theaterpädagogische Perspektive:

Gerd Knappes Bühnenadaption von "Der nackte Kaiser" ist eine zeitlose Komödie über Eitelkeit, Illusion und die Kraft der Wahrheit, die durch die Kombination verschiedener Quellen (Herrand von Wildonie, Juan Manuel, H.C. Andersen) und die abschließende Bemerkung über die Gegenwart eine zusätzliche Meta-Ebene erhält.

Themen

Dieses Stück bietet eine reiche Palette an Themen, die in verschiedenen Altersgruppen resonant sind:

  • Eitelkeit und Narzissmus: Der Kaiser ist der Prototyp der eitlen Person, die so besessen von Äußerlichkeiten ist, dass sie die Realität aus den Augen verliert. Dies ist ein aktuelles Thema in einer von Oberflächlichkeit geprägten Welt.
  • Betrug und Manipulation: Die beiden Betrüger nutzen die Schwachstelle des Kaisers und die Angst seiner Untertanen geschickt aus. Das Stück zeigt, wie leicht Menschen manipuliert werden können, wenn ihre Ängste oder Wünsche ausgenutzt werden.
  • Konformität und Angst vor der Wahrheit: Die Hofleute und Bürger trauen sich nicht, die Wahrheit auszusprechen, aus Angst, als ungeeignet für ihr Amt oder dumm dazustehen. Dies beleuchtet den Gruppenzwang und die Gefahr des Schweigens im Angesicht offensichtlicher Lügen.
  • Die Macht der kindlichen Unschuld/Wahrheit: Traditionell ist es das Kind, das die Wahrheit ausspricht und die Illusion zerplatzen lässt. Das Stück feiert den Mut, unvoreingenommen die Realität zu benennen.
  • Illusion und Realität: Die zentrale Frage des Stücks ist, was man sieht und was man zu sehen bereit ist. Die "unsichtbaren Kleider" sind eine Metapher für viele gesellschaftliche Phänomene, die nur existieren, weil alle so tun, als würden sie existieren.
  • Soziale Kritik und Zeitlosigkeit: Obwohl "aus alter Zeit", ist die Geschichte durch die abschließende Bemerkung ("Das ist lange her. Heute ist alles anders. Aha...") eine Einladung, die Relevanz der Geschichte für die heutige Gesellschaft zu diskutieren.

Spielanreize

"Der nackte Kaiser" bietet als Komödie vielfältige und unterhaltsame Spielanreize:

  • Figuren mit klaren Eigenschaften: Der eitle Kaiser, die gerissenen Betrüger, die ängstlichen Hofleute, das unschuldige Kind – alle bieten Potenzial für überzogene, humorvolle Darstellungen.
  • Visuelle Komik: Die Vorstellung eines nackten Kaisers, der in seiner Pracht posiert, ist von Natur aus komisch und bietet reichlich Raum für Slapstick und Körperkomik.
  • Sprachliche Ironie und Sarkasmus: Die Betrüger beschreiben ihre Kleider mit blumigen Worten, die im Kontrast zur Realität stehen. Das Spiel mit diesem Kontrast ist ein Schlüssel zum Humor.
  • Steigerung und Höhepunkt: Die Handlung eskaliert bis zum großen Umzug, wo die Illusion schließlich platzt. Dies bietet eine klare dramatische Struktur.
  • Möglichkeiten für Chor und Massenszenen: Die Hofgesellschaft und das Volk können chorisch agieren, um die Konformität oder das allgemeine Raunen darzustellen.
  • Meta-Theater-Elemente: Die Bemerkung "Das ist lange her. Heute ist alles anders. Aha..." am Ende kann die vierte Wand durchbrechen und das Publikum direkt zum Nachdenken anregen.

Zielgruppenansprache

Das Stück eignet sich hervorragend für:

  • Grundschule und Mittelstufe (ca. 8-16 Jahre): Die klare Handlung und die humorvolle Moral sind für diese Altersgruppen sehr zugänglich und relevant.
  • Theater-AGs, die eine klassische Komödie mit Biss inszenieren möchten: Es bietet gute Möglichkeiten zur Entwicklung von Charakteren, Timing und dem Spiel mit Humor.
  • Projekte zu Märchenadaptionen, Eitelkeit, Gruppendruck oder Wahrheit: Das Stück ist eine exzellente Diskussionsgrundlage für soziale und ethische Themen.
  • Familienstücke: Der zeitlose Humor und die moralische Botschaft sprechen ein breites Publikum an.

Umsetzungsideen

  • Opulenz vs. Nichts: Ein Bühnenbild, das die anfängliche Pracht des Hofes zeigt, die dann im Kontrast zur Nacktheit des Kaisers steht. Dies kann durch luxuriöse, aber leicht zu entfernende oder verwandelbare Kulissen geschehen.
  • Kostüme als Statussymbole: Überzogene, prunkvolle Kostüme für den Hofstaat, die ihren Wunsch nach Anerkennung und ihre Angst vor dem Verlust ihres Status symbolisieren. Die "unsichtbaren" Kleider des Kaisers können durch Lichteffekte, imaginäre Bewegungen oder bloße Andeutungen dargestellt werden.
  • Physiognomie der Eitelkeit: Der Kaiser kann durch überzogene, stolze Posen und einen arroganten Gang charakterisiert werden, der durch seine Nacktheit noch komischer wirkt.
  • Sounddesign: Fanfaren bei wichtigen Auftritten, das leise Gemurmel des Volkes, das Plätschern des "nichts" webenden Webstuhls können die Atmosphäre unterstützen.
  • Chorisches Sprechen und Bewegung: Der Hofstaat kann seine Angst und seine Bestätigung des Kaisers durch chorisches Sprechen und synchrone Bewegungen ausdrücken.
  • Der "unsichtbare" Stoff: Die Betrüger können den Stoff durch imaginative Bewegungen und detaillierte Beschreibungen so plastisch erscheinen lassen, dass das Publikum fast meint, ihn zu sehen.
  • Der Schluss als Brechung: Die letzte Zeile kann mit einem wissenden Blick ins Publikum, einem kurzen Moment der Stille oder einer Geste ins Heute hinein inszeniert werden, um die Aktualität der Botschaft zu betonen.

Rollenarbeit

Die Arbeit an den Rollen erfordert von den Spieler:innen:

  • Für den Kaiser:
    • Komödiantisches Timing: Die Fähigkeit, Eitelkeit und Selbstüberschätzung so darzustellen, dass sie humorvoll, aber auch nachvollziehbar wirken.
    • Physische Komik: Die Darstellung der Nacktheit und der daraus resultierenden Peinlichkeit (oder eben auch nicht, bis zur Wahrheit) durch den Körper.
    • Glaubwürdigkeit der Illusion: Der Spieler muss die "Kleider" so überzeugend tragen, dass das Publikum und die anderen Figuren kurz daran glauben.
  • Für die Betrüger (Frau und Mann):
    • Gerissenheit und Charme: Die Fähigkeit, das Publikum und den Kaiser durch ihre Eloquenz und ihr selbstsicheres Auftreten zu manipulieren.
    • Perfektes Zusammenspiel: Ihre gemeinsame Täuschung erfordert präzises Timing und Kommunikation.
  • Für die Hofleute und das Kind:
    • Darstellung von Angst und Konformität: Die Hofleute müssen ihre Furcht vor dem Kaiser und ihre Bereitschaft, die Lüge mitzuspielen, glaubhaft machen.
    • Die Unschuld des Kindes: Das Kind muss eine authentische Unvoreingenommenheit ausstrahlen, die die Wahrheit ungeschminkt ausspricht.
  • Sprachliche Präzision: Sowohl die blumigen Beschreibungen der Betrüger als auch die zögerlichen Kommentare der Hofleute erfordern eine sorgfältige Arbeit an der Sprache.

"Der nackte Kaiser" ist eine humorvolle und zugleich tiefsinnige Komödie, die eine wunderbare Gelegenheit bietet, die Mechanismen von Illusion, Macht und Wahrheit auf der Bühne zu erforschen.