Faust der Fragen
... oder im Horizont der Kindheit.
Ein Schauspiel von Gerd Knappe.
Frage-Antwort-Spiel. Ein Text für und zwischen alt und jung, das sich im Spiel durch neue Fragen und Antworten weiter entwickeln kann.
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Was weiß einer, wenn er was weiß und wie kann er wissen, dass er weiß, was zu wissen ist und wenn er das weiß, woher weiß er, was er nicht weiß, was vielleicht nicht zu wissen ist und woher kommt ‚zu wissen‘ und so weiter.
Theaterpädagogische Perspektive:
"Faust der Fragen" von Gerd Knappe ist ein einzigartiges Frage-Antwort-Spiel, das sich weniger als traditionelles Theaterstück, denn vielmehr als philosophisches Gedankenspiel und pädagogisches Werkzeug präsentiert. Es ist ein Text, der zum Nachdenken über Wissen, Nichtwissen und die Natur der Frage selbst anregt. Die Offenheit für die Weiterentwicklung durch neue Fragen und Antworten macht es zu einem dynamischen Stück für das Schultheater.
Themen
Das Stück beleuchtet grundlegende philosophische und erkenntnistheoretische Themen:
- Erkenntnistheorie und Wissen: Die zentrale Frage "Was weiß einer, wenn er was weiß und wie kann er wissen, dass er weiß, was zu wissen ist und wenn er das weiß, woher weiß er, was er nicht weiß, was vielleicht nicht zu wissen ist und woher kommt ‚zu wissen‘ und so weiter" ist eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Grenzen und der Natur des Wissens.
- Die Macht und Bedeutung der Frage: Das Stück hebt hervor, dass das Fragen der Motor für Erkenntnis und Weiterentwicklung ist. Fragen sind hier nicht nur Mittel zum Zweck, sondern selbst ein Inhalt.
- Generationenübergreifender Dialog: Als "Text für und zwischen alt und jung" fördert es den Austausch zwischen verschiedenen Altersgruppen und deren unterschiedlichen Perspektiven auf Wissen und Lebenserfahrung.
- Offenheit und Prozesshaftigkeit: Das Stück ist explizit dazu gedacht, sich "im Spiel durch neue Fragen und Antworten weiter entwickeln" zu können. Dies betont die Prozesshaftigkeit von Erkenntnis und die unendliche Natur der Neugier.
- Bescheidenheit des Nichtwissens: Die Auseinandersetzung mit dem, "was vielleicht nicht zu wissen ist", lehrt eine Form der intellektuellen Bescheidenheit und die Akzeptanz von Ungewissheit.
Spielanreize
"Faust der Fragen" bietet Spielanreize, die stark auf Sprache, Interaktion und Denkprozesse fokussieren:
- Sprachliche Rhythmik und Wiederholung: Das Zitat deutet auf eine repetitive, meditative oder sogar musikalische Qualität der Sprache hin. Dies lädt zu Sprechchören, Rhythmusübungen und dem Experimentieren mit Betonung und Pausen ein.
- Dialog und Trialog: Das Kernstück ist das Frage-Antwort-Spiel, das dynamisch und herausfordernd gestaltet werden kann. Wer stellt die Frage? Wer gibt die Antwort? Wer hinterfragt die Antwort?
- Körperliche Manifestation von Denkprozessen: Obwohl das Stück sprachlastig ist, können die Denkprozesse, das Suchen nach Antworten, das Zweifeln oder das Erkennen körperlich ausgedrückt werden (z.B. durch Haltung, Gestik, Mimik).
- Improvisation und Erweiterung: Die explizite Aufforderung zur Weiterentwicklung durch neue Fragen macht Improvisation und kollaboratives Textschreiben zu einem zentralen Element der Probenarbeit.
- Minimalistische Inszenierung: Da der Fokus auf dem gesprochenen Wort und dem intellektuellen Austausch liegt, kann das Bühnenbild extrem reduziert sein.
- Spiel mit Rollenzuweisungen: Wer ist "Faust"? Gibt es einen Mephisto der Fragen? Die Rollen können fließend sein und sich je nach Frage-Antwort-Konstellation verschieben.
Zielgruppenansprache
Das Stück eignet sich hervorragend für:
- Mittel- und Oberstufe (ab 14-15 Jahren): Die philosophischen Fragestellungen sind für diese Altersgruppen anspruchsvoll, aber auch zugänglich und relevant für ihre eigene Identitäts- und Wissensfindung.
- Theater-AGs oder Kurse mit Schwerpunkt auf philosophischem Theater, Textarbeit und Diskussion: Für Gruppen, die sich weniger für eine lineare Handlung interessieren, sondern für die Auseinandersetzung mit Ideen und Konzepten.
- Schulprojekte, die den fächerübergreifenden Dialog suchen: Ideal in Kombination mit Philosophie, Ethik, Deutsch oder sogar Naturwissenschaften.
- Gruppen, die partizipatives Theater entwickeln wollen: Das Stück kann leicht so adaptiert werden, dass das Publikum in das Frage-Antwort-Spiel einbezogen wird.
Umsetzungsideen
- Reduziertes, flexibles Bühnenbild: Ein fast leerer Raum, vielleicht nur mit wenigen Stühlen oder Podesten, die immer wieder neu angeordnet werden können. Lichtstimmungen können die unterschiedlichen Phasen des Fragens und Erkennens unterstützen.
- Fokus auf Sprecherziehung: Intensive Arbeit an Artikulation, Betonung und dem Rhythmus der Fragen und Antworten. Wie können gleiche Fragen immer wieder neu klingen?
- Chorisches Sprechen: Die Wiederholungen und das Ineinandergreifen der Fragen können durch chorisches Sprechen eindrücklich gestaltet werden, das die Komplexität des Denkprozesses visualisiert.
- Interaktive Elemente: Das Publikum könnte am Ende der Aufführung eingeladen werden, eigene Fragen zu stellen oder auf die gestellten Fragen zu antworten. Dies kann eine Podiumsdiskussion oder ein offenes Gespräch einleiten.
- Visuelle Unterstützung: Wenn gewünscht, könnten Fragen oder Schlüsselbegriffe projiziert werden, um die philosophische Ebene zu unterstreichen.
- "Living Tableaux": Spieler:innen könnten in bestimmten Momenten eingefrorene Bilder von Denkprozessen oder Momenten der Erkenntnis/Verwirrung darstellen.
Rollenarbeit
Die Arbeit an den "Rollen" (hier eher Funktionen als Charaktere) erfordert von den Spieler:innen:
- Intellektuelle Neugier: Die Bereitschaft und Fähigkeit, sich auf komplexe Fragen einzulassen und sie nicht nur zu sprechen, sondern auch zu "denken".
- Stimmliche Präzision und Variabilität: Das Beherrschen von Intonation, Rhythmus und Pausen, um die Nuancen der Fragen und die verschiedenen Phasen des "Wissens" und "Nichtwissens" auszudrücken.
- Reaktionsfähigkeit und aktives Zuhören: Da es ein Frage-Antwort-Spiel ist, ist das Eingehen aufeinander essenziell. Jede Antwort kann eine neue Frage provozieren.
- Körperliche Präsenz als Denkende: Auch wenn die Figuren viel sprechen, kann die physische Haltung das Suchen, Grübeln, das Überraschtsein oder das Erkennen ausdrücken.
- Kooperative Haltung: Die Spieler:innen arbeiten zusammen, um einen gemeinsamen Denk- und Sprechraum zu schaffen.
"Faust der Fragen" ist ein Stück, das die reine Freude am Denken, am Fragen und am gemeinsamen Erkunden von Wissen feiert. Es ist eine faszinierende Möglichkeit, Theater als Raum für intellektuellen Austausch und als Sprungbrett für philosophische Debatten zu nutzen.