Charaktere: 6 | 3m, 3w, + Statisten & 1 Praktikant

Besetzung: 7 Darsteller | Variationen möglich

Spieldauer: 85

Spielalter: Erwachsene, Jugendliche

Publikum: Ab 12

Szenen/Akt: 13

Bilder: 6

Tarif: 4

Mindestgebühr/Auff.: 60,00 EUR

Beinhorn

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Beinhorn

Eine Partitur für Sprechtheater von Volker Lüdecke

BEINHORN ist ein Sittengemälde unserer Zeit, eine Partitur für Sprechtheater, ein Kommentar zum Medienstar und zur Zeitenwende der Sendeanstalten, dem Niedergang der „Bundeskanzel“.

War das Frontale des Fernsehens in seiner brachialen und obszönen Art bislang schon abstoßend genug, lassen sich die Beschädigungen durch das Hineinkriechen der Massen in die Rechenmaschinen der Unterhaltungsindustrie noch weniger feiern.

Die digitalen Köderfallen für das umschmeichelte Individuum ersetzen den kommenden Generationen das staatstragende Medium und zerlegen die Illusion von „einer Gesellschaft“ in heterogene Parallelgesellschaften, als deren letztes Glied in der Kette der anonymvernetzte Zombiebürger steht.

Zum Glück ist alles unberechenbar.
Eine furiose Alte trotzt dem herrschenden Gelaber einigen Aufschub vor ihrer Abschiebung ins Seniorenheim ab, indem sie sich zum Fan und zum Double der Flugpionierin Elly Beinhorn aufschwingt und aberwitzige Volten fliegt.
Unbeirrt ist sie die, die sie sein will. Wie ihr Vorbild, die großartige Pilotin Elly Beinhorn.



Theaterpädagogische Perspektive

Themen und Botschaft

„Beinhorn“ ist ein sprachlich verdichteter, assoziativer Kommentar auf den gesellschaftlichen Zerfall durch Medienwandel, Digitalisierung und die Erosion gemeinsamer öffentlicher Räume. Der Text ist weniger linear narrativ als performativ-essayistisch angelegt – mit einer Figur im Zentrum, die den Status quo nicht hinnimmt, sondern sich in eine selbstgewählte Rolle (oder Fantasiefigur) flüchtet: die Pilotin Elly Beinhorn.

Zentrale Themen:

  • Medienkritik & digitale Entfremdung
  • Einsamkeit & Identitätskonstruktion
  • Altersdiskriminierung & Widerstand
  • Erinnerungskultur vs. Fortschrittsgläubigkeit
  • Empowerment durch Imagination

Spielanreize & theatrale Mittel

Die Textform als „Partitur für Sprechtheater“ ist bereits selbst ein Spielimpuls: keine klassische Rollenprosa, sondern rhythmisch geführte Sprache, Klang, Tempo und Wiederholungen – ideal für kollektives, musikalisiertes Sprechen, chorische Anordnungen und experimentelle Erarbeitungen.

  • Die Hauptfigur (die furiose Alte) ist eine Projektionsfläche: widerständig, poetisch, schräg, tragikomisch. Sie kann solo, chorisch, gesplittet oder alternierend gespielt werden.
  • Das Spiel mit der historischen Figur Elly Beinhorn eröffnet intermediale Möglichkeiten: Film-/Audiozitate, Collagen, historische Flugaufnahmen vs. Handyvideos, TikTok-Schnipsel usw.
  • Die Sprache selbst kann visuell, akustisch oder körperlich inszeniert werden – ähnlich einer Komposition oder einer Radiooper.
  • Die Metapher des „Abhebens“ lässt sich choreografisch aufgreifen: Körperbilder des Flugs, Fallens, Schwebens oder Schwindelgefühls.
  • Spiel mit Identität: Wer ist diese Frau – eine Spinnerin? Eine Prophetin? Eine Figur in der digitalen Endlosschleife?

Zielgruppenansprache

„Beinhorn“ ist sprachlich anspruchsvoll und eignet sich vor allem für Jugendliche ab etwa 17 Jahren, junge Erwachsene sowie ambitionierte Erwachsenengruppen. Der Text fordert zur Auseinandersetzung mit der heutigen Mediengesellschaft, mit Lebensentwürfen und gesellschaftlicher Unsichtbarkeit heraus – besonders relevant für:

  • Schauspielkurse und Sprechtraining
  • Performance- oder Projektgruppen mit politisch-kulturellem Fokus
  • Frauenprojekte (Altersbilder, Selbstermächtigung)
  • intergenerationelle Theaterarbeit (z. B. Jugendliche & Seniorinnen gemeinsam)

Umsetzungsideen

  • Chorische Inszenierung mit rhythmisch getaktetem Sprechen und Wechsel von Solo- und Gruppenstimmen.
  • Materialcollage: Texte mit Medienbeiträgen, Beinhorn-Zitaten, Interviews, Social-Media-Fragmente kombinieren.
  • Szenische Improvisationen zum Thema „Wie widerständig darf ich sein?“ oder „Wer bin ich, wenn ich fliegen will?“
  • Bildtheater zu Medienverblendung, Einsamkeit im Alter, oder „Zombiebürger“ vs. „Flugpionierin“.
  • Sprechübungen mit Tempo- und Tonlagenwechseln, um den Text als Partitur erfahrbar zu machen.

Rollenarbeit

  • Die „furiose Alte“ ist keine realistische Figur, sondern fast mythisch – ideal für theatrale Überhöhung.
  • Eine intensive Arbeit mit Körpersprache, Sprechhaltung und innerem Monolog ist hier zentral.
  • Der Text kann auch auf mehrere Figuren verteilt werden (Multiperspektive, Wechsel der Identitäten, kollektives Ich).

Fazit:
„Beinhorn“ ist ein sprachmächtiges, intellektuelles und zugleich performativ reiches Stück Theatertext – ideal für experimentierfreudige Gruppen, die sich zwischen politischem Theater, poetischer Fantasie und schräger Gegenwartskritik bewegen wollen. Die Verbindung aus Medienreflexion, Altersaufstand und Selbstermächtigung macht den Text ebenso herausfordernd wie kraftvoll.