Kids & Schule

Midnight in Berlin

Frei nach „Midnight in Paris“ und Motiven aus Bullets over Broadway von Woody Allen.
Eine Hommage an Linie 1 und die Dreigroschenoper von Jens Marnowsky

Die Hauptfigur, Ines, gerät über die Linie 1 nachts in die 20er in Berlin und lernt die Künstler um Brecht kennen. Sie erlebt, während die Beziehung zu ihrem Freund in der Gegenwart immer bröckeliger wird, die „wirkliche“ Entstehung der Dreigroschenoper mit.

Ein Berlin- Musical, gespickt mit Anspielungen und Zitaten.

Die parodierten Szenen aus der Dreigroschenoper sind mit Songs gestaltet, die stilistisch die Originale nachahmen, aber in Text und Musik eigenständige Kompositionen sind.

Theaterpädagogische Betrachtung: Midnight in Berlin

Ein zeitreisendes Berlin-Musical über Kunst, Krise und Identität – von Jens Marnowsky

1. Inhalt & Form

In „Midnight in Berlin“ folgt das Publikum der jungen Ines, die – ähnlich wie in Woody Allens Midnight in Paris – durch ein nächtliches, magisch aufgeladenes Berlin streift und über die berühmte Linie 1 der Berliner U-Bahn in die wilden 1920er Jahre gelangt. Dort trifft sie auf die Künstler*innen rund um Bertolt Brecht und wird Zeugin der Entstehung der Dreigroschenoper – einer der bedeutendsten Werke des deutschen Theaters.

Zwischen der Gegenwart und der Vergangenheit, zwischen ihrem unbefriedigenden Liebesleben und der elektrisierenden Welt der Kunst, beginnt Ines, ihr eigenes Leben neu zu betrachten.

Das Stück ist ein Musical mit originalen Songs im Brecht/Weill-Stil, aber mit modernen Inhalten. Es mischt Hommage, Parodie und Zeitsprung und eignet sich dadurch hervorragend für experimentierfreudige junge Ensembles.

2. Pädagogisches Potenzial

a) Geschichte trifft Gegenwart

• Das Stück bietet eine spielerische Auseinandersetzung mit deutscher Kulturgeschichte, insbesondere mit der Weimarer Republik, politischem Theater und dem Brecht’schen Theaterbegriff.
• Zeitreisen ermöglichen Vergleich und Reflexion: Was hat sich verändert – gesellschaftlich, künstlerisch, persönlich?

b) Musical mit Haltung

• Die Songs orientieren sich an den Stilmitteln der Dreigroschenoper: Verfremdung, Song als Kommentar, musikalische Parodie.
• Theaterpädagogisch bietet dies viele Übungen zum Thema „Was sagt ein Song, was der Dialog nicht kann?“
• Idealer Einstieg ins epische Theater: Wie wirkt Musik, wenn sie nicht emotionalisiert, sondern irritiert?

c) Figur der Ines – eine Identifikationsfigur

• Ines als moderne junge Frau, hin- und hergerissen zwischen Anpassung und künstlerischer Selbstverwirklichung, bietet viele Identifikationsmöglichkeiten für junge Spieler*innen.
• Fragen nach Beruf(ung), Liebe, Lebenssinn und politischem Engagement können in Gruppenarbeit und Improvisationen vertieft werden.

d) Spiel mit Zeit und Raum

• Szenische Übungen zum Thema Zeitreise: Wie verändert sich Körperhaltung, Sprache, Rhythmus in unterschiedlichen Zeiten?
• Rollenarbeit: Wer bin ich in den 1920ern – wer heute?
• Möglichkeit zur doppelten Besetzung: Rollen in Vergangenheit und Gegenwart spiegeln sich.

e) Metatheater & Selbstreflexion

• Das Stück thematisiert Theater im Theater: Ines erlebt eine berühmte Uraufführung mit – und hinterfragt gleichzeitig das Theatersystem, seine Wirkung und seinen Anspruch.
• Pädagogisch eignet sich dies hervorragend für Selbstreflexion im eigenen Spielprozess: Warum mache ich Theater? Was will ich damit erzählen?

f) Ensemblearbeit & Musik

• Der Chor der 20er Jahre, die Figuren der Gegenwart, die Mitreisenden in der U-Bahn – das Stück bietet viele sprechende Rollen und ist gut aufteilbar auf mittelgroße bis große Gruppen.
• Der musikalische Anteil eröffnet Raum für interdisziplinäres Arbeiten mit Musiklehrkräften und eigenen Kompositionen.
• Auch tänzerische oder stilisierte Bewegungselemente (Charleston, Zeitlupe, Slow-Motion, Loop-Szenen) lassen sich einbauen.

3. Themen & Diskurse

• Weimarer Republik & politisches Theater
• Frauenrollen in Kunst und Gesellschaft
• Identitätssuche & Selbstermächtigung
• Tradition vs. Moderne
• Theater als Kommentar zur Welt

Fazit

„Midnight in Berlin“ ist ein vielschichtiges, kluges und musikalisches Stück, das Jugendliche spielerisch an große Fragen heranführt: Wer bin ich – damals, heute und morgen? Was kann Theater? Und wo finde ich meine Stimme?

Durch die Verbindung von Berliner Theatergeschichte, politischem Anspruch, musikalischem Witz und persönlicher Reiseerfahrung bietet das Stück zahlreiche theaterpädagogische Zugänge, die sowohl historische als auch gegenwärtige Themen erfahrbar machen – immer mit einem Augenzwinkern und einem Ohr für den subversiven Sound der 20er.

Hörproben:

Wir haben Ihnen ein paar Soundbeispiele aus dem Gesamt-Soundtrack des turbulenten Stücks zusammengestellt. Für alle Songs liegen die Notationen vor, auf Wunsch können wir Ihnen auch ein Band-Arrangement zukommen lassen.

• 14 Musiknummern (mit Reprisen), viele Nummern sollten mit Choreographien versehen werden (Charleston, Cancan z.B.)
• Besetzung der Band: Rhythmusgruppe (Schlagzeug, Bass, Gitarre, Piano)) und Bläser: Flöte, Geige, Trompete, Saxophon, Posaune (da viele Stimmen gedoppelt sind, lassen sich auch variable Besetzungen einrichten)

Hörbeispiel: Augen der Großstadt

Hörbeispiel: Charleston

Hörbeispiel: CanCan

Hörbeispiel: Finale - Was für eine Nacht

Mitschnitt vom 25. Juni 2022 im Theater am Dannhalm in Jever.